Jever, 29. und 30. April 2012
Jever/men Notenfindung an der Schule ist ein schwieriges Geschäft und eigentlich nur dem Lehrer vorbehalten. Junge Kollegen und der Zeitgeist der 68er führten vor etwas mehr als 40 Jahren zu neuen Wegen, die Leistung der Schüler zu beurteilen. Daran wurden die etwas gesetzteren Frauen und Männer erinnert, die sich 40 Jahre nach ihrem Abitur am Mariengymnasium Ende April zum „großen Klassentreffen“ in Jever zusammengefunden hatten.
Ein junger Gemeinschaftskundelehrer, Meino Naumann, forderte die Schüler damals auf, sich selbst einzuschätzen, nannte danach seine Note, dann wurde der Rest der Klasse beteiligt. Dieses Verfahren war die Rettung für eine Schülerin, die ihre Leistung selbst bei einer Drei gesehen hatte. Der Lehrer stufte sie aber zwischen den Noten fünf und sechs ein. Mit kräftiger Unterstützung der Klasse wurde daraus schließlich eine Vier. Der blaue Brief war abgewendet, die Versetzung gesichert. „So war ich?“, amüsierte sich der mittlerweile pensionierte Pädagoge über die damals fortschrittliche Beteiligung.
In der alten und immer noch vertrauten Klasse im Naturkundetrakt des Mariengymnasiums hatten die Organisatoren des Treffens, Christiane (Kiki) Lohe (Klose), Sigrid Ortgies-Nöth und Heiner Zok, zu einer Schulstunde gebeten, in der die Hausaufgabe abgefragt wurde. Ein kurzer Lebenslauf und eine Anekdote aus der Schulzeit waren vorzutragen. Dabei kam der Teebeutelweitwurf aus dem Klassenfenster auf die geparkten Lehrerautos, an den sich Ex-Mathelehrerin Gertrud Borschell (Strutz) und ihre Kollegin Gerda Steinsiek noch gut erinnerten, ebenso zur Sprache wie unvergessene Sätze des Physiklehrers Arians („Die 24 hat keine Mitte“).
Vor dieser amüsanten Schulstunde führte Lehrer Hartmut Peters den Abijahrgang durch die Schule. Beim Blick in die Gymnastikhalle kam die Erinnerung an die Abiturarbeiten zurück, denn hier mussten die Primaner damals streng beaufsichtigt an Einzeltischen über ihren Themen brüten. Eine Mensa gab es damals nicht, Ganztagsunterricht war noch unbekannt und nach neuesten Erkenntnissen der Hörforschung gestaltete Räume noch nicht einmal Zukunftsträume. Großen Eindruck machte die Bibliothek der Schule, die vor vierzig Jahren noch ein Schattendasein im Keller fristete und deren Schätze damals nur Eingeweihten bekannt waren. Nicht fehlen durfte ein Blick in die damalige „Kammer des Schreckens“, den Olymp, in dem Arbeiten geschrieben wurden. Heute ist dort die pädagogische Mitarbeiterin zu finden, die Schülerinnen und Schüler bei Problemen berät.
Natürlich herrschte in der Schulstunde und später beim Austausch von Erinnerungen im „Schloßcafé“ sofort diese besondere Atmosphäre von Vertrautheit und Geborgenheit der alten Klassengemeinschaft. Es war so, als hätten sich die 27 Teilnehmer nie aus den Augen verloren. Und das soll in fünf Jahren wieder so sein, wenn das nächste Treffen ansteht
01.05.2012 Autor : Haiko Mensing