SCHORTENS/WAN Da kann man nur sagen: veni, vidi, vici. Anna-Lena Sprengel kam, sah und gewann das große Los, als sie im August ein sechswöchiges Praktikum an der Landesbühne Nord in Wilhelmshaven begann und es in Riesenschritten von der Hospitanz über die Regieassistenz bis auf die Bühne ging.
Da hatte die junge Schortenserin aus Upjever sich nach dem Abitur am Mariengymnasium zu Jever im Juni noch gefragt, wie sie das angestrebte Intermezzo zwischen Schule und späterem Studium am sinnvollsten angehen sollte. Erst einmal weg vom Lernen und Zeit für sich haben, war der Gedanke.
Als da zwei Freundinnen von Praktika an der Landesbühne berichteten, war das für Anna-Lena eine Initialzündung, schließlich hatte sie bereits vor der Schule an Susy Winters „Academy of Dance“ mit Tanz und Show angefangen. Mit 15 wechselte sie dann zum „Tanzraum Jever“ zu einer Ausbildung bei Tanzpädagogin Bettina Ludwig und später schloss sie sich der Musical-AG des MG an.
Schon 2015 machte ihr die Mitwirkung viel Spaß, in diesem Frühjahr aber ging es bei „Struck down“ noch einen Schritt weiter, denn Musical-Guru Jens Marnowsky überredete sie zur Rolle der Anna. Die aber hatte nicht nur zu spielen sondern auch ein Gesangssolo. Das Anna-Lena dann im Rahmenprogramm der Abiturausgabe in der Stadtkirche Jever noch einmal vortrug. Da traf es sich gut, das sie inzwischen auch Frank Fuhrmann kennengelernt hatte, Theaterpädagoge an der Landesbühne.
Der nahm sie gleich als Betreuerin für die 10- bis 15-Jährigen des Talentcampus „Butter bei die Fische“, der dann am 2. August seine große Präsentation auf dem jeverschen Wochenmarkt hatte. Das war quasi der Einstieg in die Theaterwelt, denn nun sorgte Fuhrmann für eine sechswöchige Hospitanz für ein Stück der Jungen Landesbühne unter Britta Hollmann. Als erste Inszenierung begleitete Anna-Lena „Fletch – Saturday Bite Fever“.
War das noch ein reiner Hilfsjob, drehte sich das Theaterkarussell nun noch schneller für Anna-Lena, denn jetzt erkrankte die Regie-Assistentin. Da war Holland in Not, doch nach kurzer Diskussion kam Intendant Olaf Strieb auf die „Hilfsarbeiterin“ zu und die erlebte einen Sprung ins kalte Wasser, den sie bis heute noch nicht recht zu glauben vermag: sie bekam die einmalige Chance als Quereinsteigerin.
Das hieß Regie-Assistenz für das Weihnachtsmärchen „Kalif Storch“ (nach Wilhelm Hauff): „Das war natürlich eine ganz andere Nummer als Schultheater“, betont Anna-Lena noch jetzt begeistert. Und das sollte noch längst nicht die letzte Steigerung sein. Zunächst aber ging es nach der erfolgreichen Premiere in Wilhelmshaven auf Tour bis nach Papenburg und Neumünster. Dann aber passierte es: mit Winnie Ricarda Bistram fiel eine der vier Hauptrollen mit einer Grippe aus!
Erneut zeigte Olaf Strieb Vertrauen und fragte: „Willst du oder sollen wir Ersatz holen?“ Sie war selbst erschrocken, nachdem sie prompt Ja gesagt hatte, allerdings hatte sie als Souffleuse den Text bereits voll drauf. Das war am Montagnachmittag und ihr wurde bewusst: „Morgen stehst du auf der Bühne unseres Theater – da ist eine Glanznummer gefragt.“ Und an dem Dienstag, dem 6. Dezember, stand sie in Leer erstmals auf den Brettern, die bekanntlich die Welt bedeuten, und es war auch noch ausgerechnet ihr 19. Geburtstag.
Ihre Mitspieler waren immerhin so angetan von ihrem Auftritt, dass sie sie zum Bleiben ermunterten. Allerdings übernahm sie nach sechs weiteren Aufführungen wieder ihren eigentlichen Job und freut sich derzeit auf die weitere Zeit bis Ende April. Im Juni aber wartet bereits die nächste Herausforderung, denn Anna-Lena wurde vom „Camp America“ als Betreuerin für ein neuneinhalbwöchiges Sommercamp in West Virginia angenommen.
Im Herbst schließlich soll mit dem Studienbeginn der eigentliche Schritt in den sogenannten Ernst des Lebens erfolgen. In Bochum will sie Politologie, Geografie und Anglistik auf Lehramt studieren. Theater und Tanzen als Hobbies werden dann wohl zurückstehen müssen, das Fotografieren aber behält sie auf jeden Fall bei.
Autor : Wolfgang A. Niemann