Schulleiter Ploeger-Lobeck schickt sie auf „HeldenReise“
„Diese Schüler haben Krisenfestigkeit bewiesen“
JEVER/WAN Kein Abiturjahrgang seit 75 Jahren habe vor größeren Herausforderungen als dieser gestanden, seit aus der gewohnten Weltordnung vor zweieinhalb Jahren eine Weltunordnung wurde.
Auf diese Feststellung der Vorsitzenden der Ehemaligen des Mariengymnasiums Jever Renate Janßen-Niemann gingen am Donnerstag auch die anderen Grußworte anlässlich der Abiturfeier in der Stadtkirche ein. Corona habe das Leben der Schüler völlig auf den Kopf gestellt, betonte die stellvertretende Landrätin Marianne Kaiser-Fuchs.
Und all die Regelungen „von oben“ hätten manches noch verschlimmert, fügte Jan Edo Albers hinzu. Doch der Bürgermeister, selbst ein Ehemaliger des MG, machte auch Mut: „Gehen Sie Ihren Weg mit Überzeugung und Zuversicht.“ Ihre Krisenfestigkeit habe diese Abiturientia unter dem ständig drohenden Damoklesschwert von Quarantäne und Lockdown hinreichend bewiesen, würdigten Katja Fahle und Annette Muschalik in ihrem Grußwort des Schulelternrats die Haltung der frischgebackenen Abiturienten, und rieten, sich auch in Zukunft nicht wegzuducken vor den Problemen der Welt: „Verstehen Sie sich als Teil der Lösung!“
Bei der Abiturrede für das Kollegium begeisterten Rabia Schadel und Dr. Georg Wagner-Kyora mit einer Ode an die Schüler, die nach Worten großer deutscher Dichter ebenso geschliffen und hintersinnig wie von köstlichem Pathos getragen war. Um so kritischer geriet dann die Abiturientenrede von Hauke Memmen, wobei er allerdings auch das hohe Engagement der Lehrer hervorhob. Von allen hätten die Schüler etwas mitbekommen und sei es nur die Fähigkeit, auch langweilige Stunden durchzustehen.
Missstände wie zuweilen unzureichende Unterrichtsversorgung und dass dank der Politik Fahrten und andere Gemeinsamkeiten weggefallen seien, rechnete er ebenso dazu wie Mängel in der Kommunikation. Und Corona habe es nicht gerade besser gemacht mit all den Verkomplizierungen von oben. Mit Blumenbuketts dankte Memmen abschließend für den besonderen Einsatz der Oberstufenkoordinatoren Kati Finke und Christian Zilinksy sowie der Schulsekretärin Brigitte Eilers. Und deren Kollegin Edith Klostermann bescheinigte er unter viel Beifall: „Egal, was war, sie fand immer eine Lösung.“
Schulleiter Jürgen Ploeger-Lobeck bezeichnete vieles an Memmens kritischen Worten als angemessen und er bedankte sich im Übrigen zu Beginn seiner Ansprache für den sympathischen Abi-Streich am Vortag. Bevor er anhob zu einer brillanten Abiturrede, gab es eine Würdigung vorweg: „Das Abitur ist die Bestätigung für Intelligenz, Fleiß und Durchhaltevermögen.“
Um dann den Weg bis dahin als eine Abenteuerreise von Helden zu beschreiben, bei der solch unerwartete Film- und Romanfiguren wie Luke Skywalker, Hamlet, Rocky Balboa und Harry Potter beispielhaft anführt wurden. Für die Heldenreise, zu der die Abiturienten nun aufbrechen, gab er ihnen mit auf den Weg: „Bleiben Sie kritisch und wachsam. Seien Sie wie jeder gute Held leicht zu begeistern, aber schwer zu beeindrucken.“
Umrahmt wurde die Feier von hervorragenden Musikbeiträgen verschiedener Schüler. Während da „Bridge over troubled Water“ besonders gut zu diesem krisengestählten Jahrgang passte, machte Piet Thiesen solo zur Gitarre mit Sarah Leschs gallig-satirischem Lied „Testament“ unter anderem klar, dass kein Kind ein Problemkind sei, nur weil es unangepasst ist.
von Wolfgang A. Niemann