JEVER/WAN Nach Israel wollte Hutham Hussein, vor fast genau 18 Jahren in Jever geboren, schon lange gern hin. Als sie dann im letzten Herbst den Vortrag von Antje Naujoks über das „Neve Hanna Kinderheim“ in Kiryat Gat in der Negev-Wüste hörte (die WZ berichtete), erkundigte sie sich sofort begeistert bei der ehemaligen Schülerin des Mariengymnasiums über Einzelheiten.
Nachdem Hutham im Juni ebenfalls am MG ihr Abitur erhalten und sämtliche Auswahlkriterien für das Freiwilligenjahr erfüllt hat, geht es am 30. August tatsächlich per Flugzeug nach Tel Aviv und von dort in die Wüste. Zunächst aber musste sie sich unter zehn Bewerbern durchsetzen, von denen außer ihr noch zwei andere junge Frauen und zwei junge Männer angenommen wurde.
Die Auswahl traf federführend Simone Berger-Lober vom Förderverein „Neve Hanna Kinderhilfe e.V.“, die die Anwärter für das Volontariat gemeinsam mit einem weiteren Tutor eingehend auf ihre Eignung prüfte. Teamfähigkeit und Belastbarkeit seien besonders wichtige Kriterien, erklärte Hutham jetzt im Pressegespräch. Das hat mit der Besonderheit des Heims zu tun, das die deutschstämmige Pädagogin Hanna Ullmann 1974 gegründet hat.
Es ist familienähnlich aufgebaut und widmet sich vorrangig Kindern von sechs bis 18 Jahre aus gestörten Elternhäusern. Die Hälfte der rund 80 Kinder wohnt auch dort. Wie bald auch Hutham, die gemeinsam mit einer israelischen Gastmutter und einer einheimischen Volonärin eine der bis zu zehn Kinder großen Gruppen betreuen wird. Die Beschäftigung umfasst auch Arbeiten in der hauseigenen Bäckerei, dem kleinen Zoo, das gemeinsame Zubereiten und Einnehmen von Mahlzeiten und allerlei Aktivitäten wie Ausflüge.
Erste Einweisungen durchliefen Hutham und ihre vier deutschen Mitstreiter bereits in Leipzig, wozu auch Tests der psychischen und physischen Gesundheit gehörten sowie erste Stunden in Hebräisch. „Ich weiß recht gut, auf was ich mich einlasse“, sagt Hutham dazu. Eine Nervenprobe aber ist ihr auf jeden Fall gewiss: eine sehr intensive Befragung bei der Einreise durch die extrem sicherheitsbewussten Israelis.
Dafür wird schon ihr Name sorgen, denn der ist arabisch, und ihr Vater ist Palästinenser und im Gegensatz zu ihr auch Moslem. Er floh einst als Jugendlicher mit der Familie vor dem Sechstagekrieg von 1967 nach Jordanien, bevor er mit 21 Jahren nach Deutschland kam und hier später Huthams deutsche Mutter heiratete. Dass sie durch ihn Arabisch gelernt hat, wird im Negev allerdings von Vorteil sein, denn das Kinderheim pflegt enge Kontakte zum Kinderheim in der nahen Beduinenstadt Rahat. Die dienen insbesondere der Völkerverständigung zwischen Juden und Arabern.
Ein Engagement, das Hutham ohnehin sehr liegt, wie bereits ihre Aktivitäten beim Flüchtlingssymposium des Mariengymnasiums im Mai im Bürgerhaus Schortens (die WZ berichtete) bewies. Im Übrigen freut sie sich auf das Leben in der Wüste wie auch auf Abstecher zum Beispiel nach Jerusalem. Und auf das Essen, denn eine ähnliche Küche kennt sie von häufigen Besuchen bei den Großeltern in Jordanien.
Sicherheitsbedenken hat Hutham keine – von Antje Naujocks weiß sie, dass selbst das Kinderheim einen eigenen Bunker hat! – und im Falle massiver Sicherheitsprobleme würde die deutsche Organisation den Einsatz abbrechen. Die Volontäre erhalten im Übrigen ein Taschengeld, freie Kost und Logis und bekommen auch einen Pkw für Fahrten gestellt.
Und nach dem einen Jahr? Da möchte Hutham Hussein in Göttingen Arabistik und Islamwissenschaften studieren, um anschließend in der Integrationshilfe zu arbeiten.
31.07.2016 Autor : Wolfgang A. Niemann